Zeichen der Zeit im Rettungsdienst nicht erkannt

Andreas Hemsing, komba Bundesvorsitzender, Niklas Benrath, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), und Markus Terporten (komba OV Nettetal) vor Rettungswagen
v.l.n.r.: Andreas Hemsing, komba Bundesvorsitzender, Niklas Benrath, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), und Markus Terporten (komba OV Nettetal) © komba gewerkschaft

Die Belastung muss runter!

Der Rettungsdienst hat eine hohe Bedeutung für die Qualität der Pflege und die Grundversorgung in unserem Land. Die tariflichen Regelungen für die Beschäftigten sind jedoch nicht mehr zeitgemäß. So liegt der Bereich des kommunalen Rettungsdienstes aktuell bei einer Wochenarbeitszeit von 48 Wochenstunden bei in den letzten Jahren massiv gestiegenen Einsatzzahlen. Der dbb kam daher erstmals am 4. Dezember 2023 mit der Vereinigung kommunaler Arbeitgeber (VKA) zusammen, um über die Arbeitsbedingungen im Rettungsdienst zu verhandeln und Verbesserungen und Klarstellungen zu erreichen, damit Leben retten wieder den Stellenwert bekommt, den es verdient. Dabei verfolgt der dbb einen ganzheitlichen Ansatz, der alle Themen des Rettungsdienstes in den Vordergrund schiebt. Neben Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und vergütungsrechtlichen Aspekten war und ist Kernforderung hierbei die Absenkung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden.

Nach mehreren Verhandlungsrunden und trotz einer beispielhaften Aktion, bei der die Stimmen einer Vielzahl von betroffenen Rettungskräften eingefangen und der VKA am Verhandlungsort durch eine Unterschriftensammlung auf einem ausrangierten RTW medienwirksam „übergeben“ wurden, sind die Verhandlungen zur Arbeitszeitabsenkung im kommunalen Rettungsdienst am 21. Mai 2024 in Berlin gescheitert.

Das Angebot der VKA zur Absenkung der Arbeitszeit blieb weit hinter den Gewerkschaftsforderungen zurück. Das Angebot sah eine Absenkung der Arbeitszeit in vier Schritten vor. Im Gegenzug wäre gewerkschaftsseitig eine flächendeckende Freigabe von 24-Stunden-Diensten erfolgt. Die Summe aus Bereitschaftszeit und Vollarbeit sollte schrittweise ab 2025 und erst 2028 auf 44 Stunden abgesenkt sein.

Das konnte der dbb nicht annehmen. Spürbare Entlastung sieht anders aus. Echte Wertschätzung sieht anders aus. Auf dem umkämpften Markt der Arbeitsbedingungen im Rettungsdienst ist der TVöD damit nicht konkurrenzfähig. Rettungsberufe gelten als Engpassberufe. Es gilt daher, vorhandenes Personal zu entlasten und sich attraktiv für Neueinstellungen aufzustellen. Die Verweigerungshaltung der VKA zeigt jedoch, dass das enorme Fachkräfteproblem von vielen Arbeitgebenden noch immer nicht als die große Herausforderung der nächsten Jahre erkannt worden ist. Dies führt letztlich dazu, dass Betroffene sich gegebenenfalls dort neu orientieren, wo die Wochenarbeitszeit weit unter 48 Stunden liegt, weil Arbeitgebende die Notwendigkeit der Entlastung ihrer Beschäftigten erkannt haben. Geschlossen und einstimmig haben die Gewerkschaften daher dieses Angebot abgelehnt. Die Arbeitgeberseite erklärte, dass sie keine zeitnähere Absenkung der Arbeitszeit verantworten könne. Das es anders geht, ist bekannt. In Folge entschieden sich die Gewerkschaften dafür, die Verhandlungen nicht mehr fortzusetzen.

„Wenn die kommunalen Arbeitgeber meinen, auf Zeit spielen zu können im Rettungsdienst, haben sie sich zu Lasten unserer Kolleginnen und Kollegen verzockt, dies können wir nicht mitgehen!“, kommentierte Andreas Hemsing, Verhandlungsführer, stell-vertretender Vorsitzender der dbb Bundestarifkommission und Bundesvorsitzender der komba, enttäuscht das Ende der Verhandlungen. „Hier wurde eine Chance vertan, die Arbeitszeit in den hoch belasteten Rettungsdiensten marktgerecht zu gestalten. So wird das kommunale Modell mit dem TVöD als Basis auf Dauer zum Auslaufmodell“. Der dbb steht für ernsthafte Angebotsgespräche jederzeit zur Verfügung, spätestens in der Einkommensrunde 2025 wird die Absenkung erneut gemeinsam aufgerufen.

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